Donnerstag, 23. Januar 2014

Macht sich die EU-Kommission zum Büttel der US- Chemieindustrie?


 

Es ist soweit, die EU Kommission macht Ernst, aus der Drohung wurden Fakten: sie eröffnet ein „Vertragsverletzungsverfahren“ gegen Deutschland. Warum? Weil deutsche Autohersteller bei der Wahl ihrer Kältemittel für Klimaanlagen offenbar ernsthaft aussteigen wollen aus immer neuen Varianten des Chemiegebräus aus der Familie der FCKW. Sie wollen auf natürliche Kältemittel umsteigen, und das ist angesichts des Machtgefüges in der internationalen Autobranche ein mutiger Schritt. Den Anfang hatte Daimler mit einer ultimativen Ausstiegserklärung gemacht, wofür ihnen Anerkennung und Respekt gebührt. VW und BMW halten sich (bedauerlicherweise) noch bedeckt, haben aber mit unterschiedlichem Nachdruck bereits deutlich gemacht, dass für sie die neue „Chemiebrühe“ - das von Dupont und Honeywell in den Markt gedrückte neue Kältemittel R1234yf -  ebenfalls nicht in Frage kommt.

 

R1234yf, ein FCKW- Nachfolger aus der Gruppe der FKW, hat ein erheblich geringeres Treibhauspotential als das alte R134a, soviel ist richtig. Die Gefahr der FCKW- Nachfolger aber allein auf die GWP- (Global Warming Potential) Punkte zu reduzieren, ist einäugig, und im Fall der EU- Kommssion auch kaum mehr als ein „selling argument“. Abgesehen vom geringeren Treibhauspotential nämlich sind die langfristigen Folgen eines massenhaften Einsatzes dieses neuen Vertreters aus der Familie der FCKW- „Killerchemikalien“, insbesondere deren Abbauprodukte, völlig unabsehbar. Und wenn die EU lamentiert, eine Ablehnung von R1234yf bedeute einen längeren Einsatz des klimaschädlicheren Vorgängers (R134a), sollte sie sich eingestehn, dass sie selbst es war, die genau dafür die Weichen gestellt hat: Obwohl schon damals die Entwicklung von Klimaanlagen auf Basis natürlicher Kältemittel (CO2) weit fortgeschritten war, hatte sie ihre Richtlinie für Autoklimaanlagen exakt und absichtsvoll so gestrickt, dass wieder neue FKW- Kältemittel möglich wurden. Die EU  trägt die Hauptverantwortung daran, dass die Entwicklung natürlicher Kältemittel stagnierte, als DuPont und Honeywell ihre Chance ergriffen und bracchial neue FKW in den Markt drückten. Ihr Lamento über verlängerten R134a – Einsatz muss man von daher als zumindest unredlich bezeichnen.

So kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass es auch diesmal der EU nicht um Umweltschutz geht, sonden um die Durchsetzung einer „hidden agenda“. Aber welcher? Um die wohlfeile Revanche gegen die deutsche Blockade von Abgasgrenzwerten? Oder ist es  der stärker werdende Druck der amerikanischen Chemieindustrie im Bunde mit US- Administration und US- Umweltbehörde? Darüber zu spekulieren ist legitim. Denn das jetztige Vertragsverletzungsverfahren ist anders kaum zu verstehen, und es erheben sich Fragen, die die EU beantworten sollte: warum etwa wartet die EU, die die deutschen Tests als nicht überzeugend einstufte und deshalb neue Tests ihrer eigenen Behörde, des Joint Research Committee, in Auftrag gab, diese vor Einleitung des Verfahrens nicht zumindest ab? Oder warum publiziert sie nicht dessen Ergebnisse? Warum ein Verfahren nur gegen Deutschland , nicht aber gegen andere Mitgliedstaaten, in denen dem Vernehmen nach ebenfalls Hersteller durch Nachzertifizierung von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Einführung der „Chemiebrühe“ R1234yf hinauszuzögern? Wie stellt sich die Kommission zu den neuesten Testergebnissen, etwa der DUH,  bei denen infolge externer Brände (verursacht nicht durch das Kältemittel, sondern durch Kabelbrände, Unfälle etc.) lebensbedrohliche Mengen von Fluorwasserstoff/ Flusssäure entstanden?

Die EU Kommission muss sich fragen lassen, warum sie offenbar mit allen Mitteln die Einführung der einzig langfristig sinnvollen –natürlichen- Kältemittel unterminieren will  Und die deutschen Umweltverbände sollten sich gemeinsam für ein Verbot neuer FKW in Autoklimaanlgen einsetzen!


Wolfgang Lohbeck

Dienstag, 21. Januar 2014

Die EU und die neuen FKW-Kältemittel: Industriepolitik im Umweltgewand



Die EU- Kommission sitzt auf einem hohen Ross. Mit der Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens im "Kältemittelstreit" zieht sie nun einen sehr dicken Knüppel aus dem Sack. Angeblich aus Umweltgesichtspunkten hatte sie das alte Kältemittel, die Fluor- Chemikalie R 134a, verboten, gleichzeitig aber Tür und Tor geöffnet gerade für die Einführung anderer, neuer Fluor- Verbindungen. Die Klimaschutz- Eckwerte für neue Kältemittel (und R 134a Nachfolger) wurden nämlich in der EU- Verordnung exakt so festgelegt, dass wieder neue, von der Chemieindustrie entwickelte FCKW- Nachfolgesubstanzen (damals handelte es sich um den Stoff R 152a) hätten zum Einsatz kommen können. Dies war das Ziel, aber natürlich wurde die neue Richtlinie von der EU- Kommission mit dem Klimaschutzargument verkauft. Dass sie nicht über die prinzipielle Problematk der Fluor- Chemikalien und FCKW- Nachfolgesubstanzen im Bilde war, kann die EU Kommission kaum behaupten, denn zeitgleich bastelte sie -wenn auch in einer anderen Abteilung- an eine F- Gase- Verordnung mit Ziel, die Verwendung eben dieser gefährlichen Chemikalien langfristig einzudämmen.

Hier wusste nicht nur eine Hand nicht, was die andere zeitgleich tat, schlimmer: die Kommission hatte ihr Verbot des alten Kältemittels R 134a genutzt, um die Einführng einer komplett neuen Familie von FCKW- Nachfolgesubstanzen zu ermöglichen. Zwar ist es richtig, R 134a wegen seines hohen Klimapotentials (ca 1400 GWP -Global warming potential-  Punkte) zu verbieten. Aber es ist unverantwortlich, nach den desaströsen Erfahrungen mit FCKW und ihren Nachfolge- Substanzen jetzt wieder neuen F- Gasen den Weg zu ebnen, auch wenn diese, wie das neue von der EU favorisierte Kältemittel R 1234yf einen geringeren GWP- Wert aufweisen. Bekanntlich wurden die Umweltprobleme durch FCKW & Co immer erst viele Jahre nach deren Einführung entdeckt, bei den klassischen FCKW verstrichen fast vierzig Jahre zwischen Einführung und Entdeckung des durch sie verursachten (und immer noch nicht geheilten) Ozonschwunds in der oberen Atmosphäre. 

Daimler war der erste, der sich weigerte , die neue "Chemie- Brühe" (ein hochrangiger Autoingenieur) einzusetzen, und hatte gute Gründe: Dass die neue "Brühe" brennt, ist noch das geringste der Probleme. Ungemütlich wird es aber, wenn sich beim Brand eines Autos (und das kommt unabhängig vom Kältemittel mehrere zehntausendmal im Jahr auf Deutschlands Strassen vor) die hochgiftige Flussäure bildet, eine Chemikalie, die einen Aufenthalt in der Nähe des Brandes, für Feuerwehrleute ebenso wie für unbeteiligte Passanten, zur akuten Lebensgefahr werden lässt. Das deutsche Kraftfahrtbundesamt hatte zu Recht festgestellt, dass mit dem neuen Kältemittel eine zusätzliche Gefahrenquelle verbunden wäre. 

Das angedrohte Verfahren der EU richtet sich gegen die Bundesrepublik, eigentliches Ziel sind aber die deutschen Autohersteller, man haut den Sack, meint aber den Esel. Dabei muss man in diesem Fall die deutschen Hersteller, und ganz besonders Daimler, nicht nur gegen die EU in Schutz nehmen, mehr noch: die mutige Weigerung von Daimler, die "neue Chemie- Brühe" einzusetzen, verdient hohen Respekt und rückhaltlose Unterstützung. Denn sie hilft, uns alle vor der Einführung einer neuen Generation von FCKW- Nachfolgern zu bewahren, die -wenn es nach DuPont und Honeywell geht- nicht nicht nur in Autoklimaanlagen, sondern auch in allen andern kältetechnischen Anlagen, vom Kühlschrank bis zum Klimaanlge, eingesetzt werden sollen und deren Umwelt- und Gesundheitsfolgen wieder erst in späteren Jahren ans Licht kommen werden.

Es ist gut, dass Daimler als wirklich bedeutsamer player aktiv gegen eine neue F- gas Generation vorgeht. Denn wenn es um FCKW und FKW geht, muss oberste Priorität sein, neue Einsatzfelder und neue Nachfolgesubstanzen zu verhindern, auch auch die Gefahr hin, dass dabei -formal- EU- Recht partiell verletzt wird - zumal dieses Recht nicht verdient, "Umweltrecht" genannt zu werden. Und ob tatsächlich EU Recht verletzt wird, steht noch auf einem ganz anderen Blatt: Die Nachzertifizierung -oder besser: Rückzertifizierung- für Modelle, die ursprünglich für das neue Kältemittel R 1234yf zugelassen waren und die nun für eine gewisse Zeit das alte R 134a nutzen müssen, wurde ordnungsgemäß vom KBA genehmigt und gilt EU- weit. Die Argumentation der EU ist mehr als dünn. Möglicherweise, so wird zumindest kolportiert, handelt es sich sowie gar nicht um EU- "Umweltpolitik", sondern um eine kleine Revanche der nicht-deutschen Hersteller im Bunde mit EU kommissar Tarjani gegen die deutsche Politik der Unterminierung zukünftiger strengerer Abgas- und Verbrauchsgrenzwerte. Diese wurden Ende letzten Jahres von Kanzlerin Merkel handstreichartig gekippt, sehr zum Ärger fast aller nicht- deutschen Autohersteller. Wenn das so ist, und einiges spricht dafür, müsste jetzt Daimler die Suppe für die Politik der schwarz- gelben Koalition auslöffeln. Allerdings war Daimler daran nicht ganz unbeteiligt.

Es ist zu hoffen, dass Daimlers Vorstoss gelingt und sich doch noch natürliche Kältemittel gegen FCKW/ FKW durchsetzen, EU- Recht hin oder her. Dazu müssten aber endlich auch die anderen deutschen Autobauer -allen voran VW, von denen bekannt ist ist, dass sie ebenfalls das neue R 1234yf ablehnen- öffentlich Klartext reden und sich von weiteren FCKW und FKW aus der Küche von DuPont/Honeywell distanzieren.