Sonntag, 15. September 2013

IAA, oder Warum ich mein Auto nicht liebe


Es ist wieder Auto- Zeit. Nach der Fachpresse und den Autohändlern pilgern nun wieder hunderttausende nach Frankfurt zum goldenen Kalb. Es wird wieder viel von Emotionen, kraftvollen Linien, verspieltem design oder auch von Testosteron geredet, wo es eigentlich nur um Fahrzeuge geht. Angeblich "lieben" ja die Deutschen ihre Autos. Ich liebe mein Auto nicht, und das hat nichts mit dem Modell zu tun, das ich fahre.

Liebe zum Auto- das war einmal. Das lustige Vehikel auf vier Rädern, das ich mochte, weil es vorwärts und rückwärts fahren, nach links und rechts lenken kann- endgültig Vergangenheit. Es macht keinen Spass mehr. Ich steige in mein Auto und denke: was war eigentlich früher anders? Ich freute mich doch darauf, auf vier Rädern herumzukurven, heute ist es mir lästig. Was ist aus den netten und freundlichen kleinen Fahrzeugen geworden, die so nützlich und praktisch waren,  mit denen ich überall parken konnte, deren Technik ich verstand und manchmal sogar reparieren konnte? Heute ist mein Motor eine „black box“, ein unbekanntes Wesen, von dem ich mich besser fernhalte und dessen Probleme mir allenfalls ein elektronisches Diagnosegerät anzeigt. Vergessen ist die  Vision von Freiheit und Mobilität, ich stehe im Stau und finde keinen Platz mehr, weder zum Fahren noch zum Parken. 

Die praktischen und sympathischen kleinen Vehikel von einst mutierten zu tonnenschweren Ungetümen, aggressiv und gefährlich. Und was einmal praktisch war, wird mir zunehmend zum Ballast, dessen ich mich in der Stadt nur mit Mühe entledige. Wenn ich ein Auto brauche, würde ich es gern so schnell wie möglich wieder los, denn warum soll ich etwas besitzen, das 23 Stunden am Tag irgendwo herumsteht und Platz braucht, von den Kosten ganz zu schweigen. 

Ich muss feststellen: das Auto hat für mich jeglichen Charme, jegliche Faszination verloren. Es hat uns alle überrollt durch seine schiere Masse, sein Übergewicht und seine Aggressivität, aus dem Spaßobjekt ist ein Moloch geworden. Gern würde ich wieder meinen alten, kleinen Fiat 500 fahren, der war sympatisch, ausreichend für fast alle Transportaufgaben und sparsam. Aber in einem Crash mit einem zweieinhalb- Tonnen Monster hätte ich keine Chance. Und für Nostalgie bin ich –beim Auto- nicht zu haben, es ist mir gleichgültig, wie das Blech gebogen ist. 

„Es gibt kein Richtiges im Falschen“ hat mal ein schlauer Mensch gesagt, wenn auch in anderem Zusammenhang. Aber gerade auf Autos passt das verdammt gut. Die eigentliche Meisterleistung der Autohersteller sind eigentlich längst nicht mehr ihre Produkte, sondern ihre Fähigkeit, immer wieder die Wahrnehmung auf den Kopf zu stellen. Sie haben es tatsächlich geschaft, von "Emotionen", ja sogar von der "Liebe zum Auto" zu reden bei einem Produkt, das nicht nur Gift fürs Klima und verantwortlich für Ölunfälle weltweit ist, sondern obendrein auch noch das Haupthindernis, das einer nachhaltigen und für alle zugänglichen  Mobilität im Wege steht. 

Mittwoch, 11. September 2013

IAA: In Frankfurt nichts Neues

Zweiter Pressetag: Ermüdung macht sich breit. Das "Feuerwerk an Innovationen", von dem VDA- Präsident Wissmann zu berichten wusste, ist nicht so richtig sichtbar, und die ohnehin eher ginge Begeisterung der Pressevertreter vom ersten Tag ist fast ganz verflogen. Wo ist eigentlich DAS grosse highlight dieser Messe?, fragt man sich.

Die Antwort: egal wie man sonst zu diesem Produkt steht- wenn es den i3 nicht gäbe, wäre es wirklich öde. Zwar ist der i3 ist nicht die Lösung aller Probleme, schon gar nicht des Klimaproblems oder des Mobilitätsproblems (denn ob ich in Shanghai in einem Golf oder einem i3 im Stau stehe -und diesen selbst verursache- macht keinen Unterschied), aber hier packt ein grosser Hersteller etwas Neues an, mit dem Mut zum Risiko und der realen Chance des Scheiterns. Denn über eine letztlich irrelevante Nische wird auch ein i3 nicht hinauskommen- er ist ein Elektroauto mit allen bekannten Nachteilen, und er setzt genauso wie ein e - Golf an der falschen Stelle an: Elektromobilität wird zwar kommen, aber sie hat nur eine Chance in Fahrzeugen unterhalb der Kategorie "Auto". Es bleibt das Geheimnis von BMW, warum man ein Auto im Golf- Format "megacity vehicle" nennt. 

Und an dieser Stelle setzt auch die grosse Enttäuschung ein: das Segment der "ganz Kleinen", und sei es auch nur der kleinen Konzeptfahrzeuge, ist so gut wie unbesetzt. Wo sind die ultrakleinen "city vehicles" von VW, BMW, Audi, die noch vor einigen Jahren Furore machten?  Selbst ein Twizy, immerhin schon auf dem Markt, bleibt unsichtbar. Offenbar sind sehr kleine Autos für die Autohersteller kein Thema (mehr). Schade, und eine verpasste Chance, die sich rächen wird, und ein schlechter Dienst für das Anliegen "Elektromobilität". 

Nicht mehr ganz neu, ab immer noch ein kleiner Lichtblick: der Air-Hybrid von Citroen. Ein intelligentes Konzept, dass auf der Basis relativ einfacher "low tech" (billige) komprimierte Luft  an die Stelle von (teuren) Batterien als Speicher setzt. 

Aber damit ist die Liste der wirklichen Neuerungen auch zu Ende. Elektrische Golfs oder ups von VW erscheinen eher als lästige Pflichtübung. Opel meint, spektakuläre Flügeltüren seinen innovativ, und der Opel Adam hat ein paar neue Farben bekommen. Mercedes arbeitet sich ab an der schier unlösbaren Aufgabe, ein Hersteller für junge Kunden werden zu wollen- angesichts der Modellpalette nahezu ausschliesslich schwerer Wagen und des etwas grobschlächtigen designs mit begrenztem Erfolg. Auch bei BMW stehen  -i3 hin oder her- die schweren Karossen im Mittelpunkt. Für Audi ist der "Vorsprung durch Technik" zusammengeschmolzen auf das bullige design eines goldenen (!) 700 PS- pseudo-Ferrari bzw. Quattro. Ansonsten: Ecken, Kanten, Kotflügel. Die Autoindustrie tut so, als wären wieder Dynamik und design ihre Hauptaufgabe. Verbrauch und Emissionen sind nur noch ein Nebenthema. Die Vorgaben der EU werden ohnehin auch mit konventioneller Technik erfüllt, Hybrid ist überwiegend eine Sache für die Ober- und obere Mittelklasse.

Alles in allem die message: Europa ist als Markt nur noch begrenzt wichtig. Es geht um die Märkte Amerika, China, Asien. Nachhaltigkeit ist ein schönes Wort, aber eher eines von gestern. Die Informationen  über Verbrauch und CO2- Emissionen stehen wenig sichtbar auf der unteren Hälfte der Informationstafeln, oder auf der  Rückseite.  Nicht mehr so wichtig eben.

Dienstag, 10. September 2013

IAA: was geht ab?

Die Autoindustrie hat ein Problem: sie will das Produkt "Auto" attraktiv halten, aber sie weiss nicht, wie.
So ist es kein Wunder, dass die diesjährige IAA ohne klaren Schwerpunkt dasteht. Waren frühere IAAs mal die Show der Elektromobilität, oder auch mal die "grüne" IAA, so gibt es diesmal nichts, was man als Leitmptiv ausmachen könnte.

Der "Hype" ums Elektroauto hat sich von selbst erledigt- die angeblich hohen Erwartungen an die ökologischen Segnungen der Vollelektrifizierung (und die Kundennachfrage) sind einem nüchternen Pragmatismus gewichen- der elektrische Antrieb hält seinen Einzug jetzt eine Nummer kleiner: in den diversen Hybridvarianten, das "Elektroauto" als der grosse Hoffnungsträger ist ( beinahe) tot. Einzig der i3 von BMW hält die Fahne des rein batterie- elektrischen   Fahrens hoch. Dazu gleich mehr.

Die Autoindustrie kämpft an vielen Fronten: die bedrohlichste ist die schwindende Attraktivität ihres eigentlichen Produkts: immer mehr Menschen erkennen, dass sie eigentlich kein eigenes Auto brauchen, das doch nur 23 Stunden am Tag herumsteht und eher eine Belastung ist. Nicht umsonst versuchen deshalb die Autohersteller sich -notgedrungen- an die Spitze der Bewegung zu setzen, sie gründen ihre eigenen Mobiliätsdienstleister, wie car2go oder driveNow. Verglichen mit diesem bedrohlichen Trend des "Liebesentzugs" sind die ungelösten Fragen des zukünftigen Antriebs fast schon nebensächlich.

Einige Trends lassen sich dennoch ablesen: zum Einen der einer immer stärker werdenden SUVsierung des Marktes. SUVs gibt es inzwischen nicht mehr nur als agggressive Dominanzbullen, auch kleine und kleinste Autos wachsen in die Höhe, umgeben sich mit ein bisschen pseudo- rustikalem Plastik und kommen als Mini- Geländewagen daher. Das sieht beeindruckend aus und lässt sich gegen gutes Geld gut absetzen. Und dort, wo schiere Grösse an eine natürliche - oder von der Strassenverkehrsordnung gesetzte- Grenze stösst,  wird das Design noch aufgeblasener und exaltierter. 

Der andere ist die Überfrachtung des Autos mit IT, Infotainment und Assistenzsystemen, die aber in ihrer schieren Zahl eher verwirren als Freude am Fahren erzeugen dürften. Was am Autofahren Spass macht, ist eben, wenn überhaupt, das Fahren, und nicht das Bedienen von IT- Systemen, inmitten der Gefahren des immer aggressiveren Strassenverkehrs.

Der i3 schliesslich, ein Produkt aus der Zeit des Elektro-"Hype", ebenso wie E- Golf und E-up, nur konsequenter, versucht es mit dem markentypischen Auftritt als Technik-Pionier und early-mover.
Das kann ihm auch gelingen, wenn auch nur in seinem spezifischen  Kundensegment, einer Klientel, die bereit ist, auch für geringeren Gebrauchsnutzen ein bisschen mehr Geld auszugeben, wenn es cool ist. Natürlich verdient die Entwicklung des i3 Respekt vor der technischen Innovation und dem unternehmerischen Mut.  Ansonsten ist auch der i3nichts weiter als ein Elektroauto, und löst keines unserer Probleme. Es produziert -mit herkömmlichem Strom- nahezu genausoviel CO2 wie ein moderner Verbrenner, und das Potential zu einem grossmassstäblichen "Abschied vom Öl"  hat ein Elektroauto, egal welches, angesichts des auf lange Sicht miserablen Preis- Leistungsverhältnisses nun mal nicht.

So bleibt, angesichts der vielfältigen Unsicherheiten, der Autoindustrie diesmal auf der IAA nur, aus der Not eine Tugend zu machen und die Unsicherheit zu verdecken. Hinter frohgemuten Losungen wie der des VDA- Präsidenten Wissmann von einem Feuerwerk von Neuheiten glaubt man, das Pfeifen im dunklen Wald zu hören.